Klein Moskau steht unter Wasser, Foto: privat
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Klein Moskau säuft ab – und jetzt?

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“Ganze Grundstücke stehen unter Wasser, seit Weihnachten sind dauerhaft Pumpen im Betrieb”, schildert Jörg Wolgem das winterliche Leben in Klein Moskau, der Gartensiedlung in Kleinmachnow, in der Dauerbewohner und Urlauber nebeneinander leben. “Die Probleme, die seit Jahren bestehen, bestehen noch immer”, klagt Jörg Wolgem. Im Sommer ist alles gut, im Winter saufen wir ab. Da kann man aber nichts machen, weil alles nass ist – und im Sommer passiert dann nichts.”

Auf einem See gebaut

Das Problem: Wo die Siedlung steht, war früher ein See, der beim Bau des Teltowkanals mit dem Aushub zugeschüttet wurde. Dafür wurde ein Ableitungssystem aus Gruben errichtet, das aber mittlerweile in einem miserablen Zustand ist, sodass sich das Wasser immer wieder auf im Gebiet staut. Denn in feuchten Zeiten drückt das Wasser nach oben,  dazu kommt noch der Niederschlag. In der Folge werden nicht nur Grundstücke, sondern auch Keller und sogar Erdgeschosse überschwemmt, erzählt er. Auch den Bäumen und Sträuchern würde das nicht gut tun. “Sie gehen ein, weil sie in den letzten Wintern immer im Wasser gestanden sind. Das sind ja keine Wasserpflanzen.”

Die Bewohner haben schon lange zur Selbsthilfe gegriffen. “Wir haben jetzt Feuerwehrschläuche besorgt und auch welche von der Feuerwehr geliehen bekommen und pumpen das Wasser direkt in den Teltowkanal hinein”, erzählt er. Vorher wurde das Wasser nur auf die angrenzende Wiese gepumpt, was letztlich keinen Sinn machte.  

Wolgems Haus ist schon seit vielen Jahren durch mehrere gemauerte Wasserschächte geschützt, die bis in zwei Meter Tiefe reichen, hat ein Drainage-Rohrleitungssystem in drei verschiedenen Höhenebenen unter dem Haus durch und mehrere Male um das Haus herum. Das Wasser wird durch eine Rohrleitung auf ganzer Länge entlang der Straße bis zum Schacht des Hauptgrabens geleitet. 

Seit Weihnachten hat er außerdem zwei Pumpen laufen, die alle 15 Minuten anspringen und dann zwei Minuten lang arbeiten, dazu noch ein Luft-Kondensat-Trocknungsgerät, das durchgängig läuft. Rund 200 Euro an Stromkosten sind ihm dadurch entstanden, hat er ausgerechnet. Und dabei kommt er noch gut weg, sagt Wolgem. Andere Bewohner müssen ihre – bis zu doppelt so leistungsfähige – Pumpen rund um die Uhr laufen lassen. “Dort kommen noch ganz andere Summen zusammen”, so Wolgem.

Das Wasser muss aus der Siedlung raus

Seit 2018 ist die Siedlung mit der Gemeinde im Gespräch. “Monatlich”, sagt Wolgem. “Privatleute, Gemeinde und der Wasser- und Bodenverband schieben es immer auf die anderen.” Betroffen sind neben den Grundstücksbesitzern, dem genannten Verband und der Gemeinde Kleinmachnow auch die Stadt Teltow, der die Kanalwiese gehört, und das Wasserschifffahrtsamt.

“Das Grubensystem muss in Ordnung gehalten werden”, erklärt er. Hier sei – privat – auch viel geschehen. Brach gelegene Grundstücke seien verkauft worden, seit der Bebauungsplan in Kraft getreten ist, die neuen Nutzer hätten die Gräben gereinigt. “Aber zum Schluss muss es aus der Siedlung raus.”

Am Kanalweg gibt es dafür einen Hauptgraben und dann ein Rohr, der das Wasser zum Teltowkanal ableitet. Dieses Rohr sei das Hauptproblem, sagt Wolgem. Es sei Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre verlegt worden und sei nicht nur zu eng, sondern durch das Absacken des Geländes mittlerweile auch in einer falschen Neigung: “Wo das Wasser reinlaufen soll, liegt es tiefer als dort, wo es rauslaufen soll.” Zu Weihnachten habe er das mit einem anderen Bewohner ausgemessen und sie seien auf 14 Zentimeter Differenz gekommen.

Er ist der Meinung, dass die Sache nur mehr über ein Pumpwerk zu lösen ist, das das Wasser in den Teltowkanal pumpt. “Das ist nichts Ungewöhnliches, das gibt es auch an anderen Stellen in Kleinmachnow”, sagt er. Eines davon zum Beispiel direkt am Eingang zu Klein Moskau, am Thomas-Müntzer-Damm. 

Gemeinde wartet auf Rückbauverfügungen

Die Gemeinde Kleinmachnow räumt ein, dass es sich ein komplexes Thema handelt, “das uns schon lange beschäftigt”. Unstrittig sei, dass etwas geschehen muss, doch dazu müssten viele Akteure mitspielen, so Sprecherin Martina Bellack.

Es beginnt damit, dass das Grabensystem für die Entwässerung nur noch rudimentär vorhanden sei. Diese wiederherzustellen sei Bestandteil des Bebauungsplanes. Für die Umsetzung sind aber Flächen nötig, die derzeit noch überbaut sind. Um die entsprechenden Rückbauverfügungen bemühe sich derzeit die Bauaufsicht Potsdam-Mittelmark, so Bellack.

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Die Gemeinde versucht bis dahin, die Rohrsysteme mittels Spülung in Funktion zu halten. Diese sind inzwischen aber teilweise so marode, dass weitere Aktivitäten in dieser Richtung mit dem Risiko einher gehen, weitere Schäden zu verursachen.” Es werde daher derzeit in der Verwaltung an einer Entwässerungsplanung gearbeitet, bei der auch das Rohr zum Teltowkanal eine Rolle spiele. “Diese Verbindung liegt jedoch teilweise nicht auf Kleinmachnower Gebiet und auf Flächen, die nicht in öffentlicher Hand sind. Hier sind also noch Verhandlungen erforderlich”, sagt Bellack. 

Hebeanlage als technische Lösung

Es zeichnet sich bereits ab, dass eine technische Lösung – zum Beispiel mit einer Hebeanlage – zu schaffen ist, um eine Ableitung zum Teltowkanal zu gewährleisten”, so die Sprecherin weiter. Dafür seien aber auch wasserrechtliche Voraussetzungen zu schaffen und notwendige Genehmigungen der Bundeswasserstraßenverwaltung einzuholen. 

“Das mag ja alles sein”, so Wolgem. “Aber die Gemeinde könnte ja die Abstimmung wenigstens mal vornehmen.” Er befürchtet: “Dass im Sommer was passiert, das können wir dann wieder vergessen”, ist er frustriert.